Sonntag, 26. Juni 2016

MEINE NERVEN

25./26.6.2016 

Martina

Das neue Ziel liegt 60 Seemeilen von uns entfernt und heißt Tahanea. Nach unserer missglückten Einfahrt in das Atoll Makemo setzen wir wieder unsere Segel und nehmen Kurs 220°. Der Wind nimmt schon deutlich zu und so segeln wir mit Groß im 2. Reff und 50% gereffter Genua mit 6 Knoten durch die Nacht.
Wir hoffen, dass uns diese Riffeinfahrt bei Tagesanbruch gelingt. Laut Tabellen sollte es um 6 Uhr Früh soweit sein. Um 22 h Nachts drehen wir 10 Seemeilen vor dem Atoll Tahanea bei und kommen so abwechselnd zu etwas mehr Schlaf.
Um 4:15 setzten wir unsere Fahrt Richtung Atolleinfahrt fort. Es ist schon hell, aber dicke schwarze Wolken bedecken wie angekündigt den Himmel. Der Wind pfeift uns mit 20 Knoten um die Ohren. Während Florian auf die Einfahrt zusteuert, beobachte ich mit dem Fernglas die Einfahrtlage. Alles schaut gut aus, keine Turbulenzen, kein Wellenchaos. Die Passage geht ganz schnell und völlig unproblematisch, wir hatten null Gegenströmung.
So jetzt einmal durchatmen, wir haben´s geschafft. Gleich neben der Einfahrt gibt es einen empfohlenen Ankerplatz, doch ein kurzer Blick verspricht nichts Gutes. Der Wind pfeift bereits mit über 20 Knoten aus Südost über das Atoll, wir müssen also an den Südostrand des Atolls fahren um von den Wellen geschützt zu sein. Das bedeutet aber eine Querung des Atolls gegen den Wind bei schlechter Sicht und ohne Sonne. Bedingungen wo jedes Lehrbuch sagt: das ist der glatte Wahnsinn!

Wir haben zwar gute Karten und auch Luftaufnahmen der Atolle mit ihren Korallenköpfen, aber trotzdem ist es sehr riskant. Ich stehe  vorne am Bug und versuche die Wellenbilder zu lesen. Frontal gegen Wind und Welle kommen wir nicht an, wir müssen die gereffte Genua als Unterstützung nehmen und aufkreuzen. Der Gedanke auf ein Riff aufzulaufen lässt wildeste Gedanken in mir aufkeimen. Was muss ich alles in die Rettungsinsel mitnehmen, wie setzte ich einen Mayday Ruf ab, ist hier jemand in der Nähe, der uns retten kann. Naja ist sicher übertrieben, aber ich habe echt Angst. Erst als ich unter diesen widrigen Lichtbedingungen die ersten Riffe erkenne, kann ich mich etwas entspannen. Es sind zwar nur 8 Seemeilen zum gewünschten Ankerplatz, aber sie erscheinen mir als nahezu unerreichbar. Ich stehe am Vordeck und sehe die Esperanza mit ihrem Bug in jede Welle eintauchen. Das Salzwasser spritzt mir mit jeder Welle entgegen, ich beginne trotz Segeljacke zu frieren. Egal, Zähne zusammen beißen und weiter nach Riffen Ausschau halten, jetzt gibt es kein jammern und klagen, jetzt heißt es konzentrieren. Meter für Meter kämpfen wir uns vorwärts und schön langsam bekomme ich den Eindruck, dass wir es doch schaffen könnten. Wir haben 4 Stunden gegen Wind und Welle gekämpft und diesmal gewonnen.


Unser Anker fällt auf 6 Meter Wassertiefe hinter einer schützenden Palmeninsel und wir fallen bei aktiviertem Ankeralarm um 11 h Vormittag erschöpft ins Bett."




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